Beschreibung des Spiels:
Kurz vor der europäischen Markteinführung der Playstation 3 veröffentlichen die Clover Studios einen Titel für die PS 2, der weltweit für Aufsehen sorgte. „Okami“ ist mehr als ein Spiel - es ist ein Stück digitale Kunst. Schon der Titel des Spiels bündelt ein vielschichtiges Wortspiel. Okami, geschrieben mit japanischen Schriftzeichen, bedeutet einerseits „Wolf“, andererseits „große Gottheit“. Gleich ausgesprochen aber anders geschrieben, kann dem Begriff „Okami“ auch die Bedeutung „Großes Papier“ zugesprochen werden. Darüber hinaus ist das Wort eine Anspielung auf den Namen der Gottheit Amatarasu, einer der wichtigsten Kami des japanischen Shinto. Der volle Name dieser mythologischen Göttin lautet „Amaterasu-ō-mi-kami“. So wird schon mit dem Titel deutlich, welche inhaltliche Tiefe diesem Spiel zukommt.
Okami ist mehr komponiert als programmiert. Auch optisch hebt sich das Spiel aus der Masse heraus. Wie mit einem Tuschepinsel auf Reispapier gemalt, kommt das Spiel avantgardistisch daher und wird auch in diesem Punkt seinem Namen gerecht: „Okami“, das „große Papier“. Die Grafik orientiert sich dicht an klassischen japanischen Tuschezeichnungen und sieht fast so aus als würde man ein altes Buch aufschlagen und den Malereien Leben einhauchen. Was einfach aussieht ist jedoch technisch eine Herausforderung. Die zweidimensionale Optik ist in Wirklichkeit eine echte 3D-Grafik, der mittels Cel-Shading-Technologie zu einem gezeichneten Look verholfen wurde – Eine Technologie, die in der Vergangenheit bereits bei Spielen wie „Vietiful Joe“, „Killer 7“ oder „The legend of Zelda: The Wind Waker“ zum Einsatz gekommen ist. Das Ergebnis dieser speziellen grafischen Alternative ist ebenso faszinierend wie gewöhnungsbedürftig, verleiht Okami aber eine maßgeschneiderte Hülle für eine ebenso faszinierende Geschichte.
Angekommen im mythologischen Japan des Mittelalters, führt ein Intro den Spieler in die malerische Geschichte von Okami ein. Es tobt ein Kampf zwischen Gut und Böse, in welchen die Menschen ebenso verwickelt sind wie allerlei mythische Wesen und Gottheiten. Ans Tageslicht kommt dieser Krieg im Bergdorf Kamiki im Lande Nippon. Die Dorfbewohner leiden unter den Machenschaften des achtköpfigen Monsters Orochi, welches in der Nähe des Dorfes in einer dunklen Höhle wohnt und jedes Jahr von den Menschen die Opferung einer Jungfrau verlangt. Als eines Tages die Wahl auf die schöne Nami fällt, zieht ihr Verehrer Nagi an ihrer Stelle los um den Lindwurm zu töten. Doch Nagi zieht nicht alleine in den Kampf. Unbemerkt ist zur rechten Zeit eine weiße Wölfin zur Stelle, die, ausgestattet mit göttlichen Fähigkeiten, den Helden vor dem Tod rettet und gemeinsam mit Nagi das Ungetüm besiegt. Doch Orochis Waffen waren zu hinterhältig für die Wölfin. Vergiftet erliegt das Tier seinen Wunden. Zum Dank an die im Kampf gefallene Wölfin errichten die Dorfbewohner einen Statuen-Schrein und geben Ihr den Namen „Amaterasu“. Jahrhunderte später ist die Tat Amaterasu längst zu einem lokalen Mythos geworden. Was niemand ahnt: Die böse Existenz Orichis war nur die Spitze einer dunklen Macht, die unbemerkt Jahrhunderte lang Kräfte sammeln konnte, um heute zu einem neuen, viel größeren Schlag gegen die ahnungslosen Menschen und Ihre Götter auszuholen. Doch wird das Land dem Bösen nicht kampflos übergeben. Die in Wolfsgestalt wiedergeborene Sonnengöttin Amaterasu ist willens, sich dem Bösen zu stellen und der Natur Ihre glänzende Schönheit wiederzugeben.
Pädagogische Beurteilung:
Wie oben beschrieben, ist die künstlerische Gestaltung von Okami seine große Stärke und hebt es von vielen Spielen dieses Genres ab. Die Jugendlichen jedoch empfanden den grafischen Stil befremdlich und waren nur schwer davon zu überzeugen, sich länger mit „Okami“ zu beschäftigen. Das Intro wurde mit seiner Länge von mehreren Minuten als zu lang empfunden, vor allem, weil die Möglichkeit fehlt, dieses abzubrechen. Fast durchweg äußerten die Jugendlichen, dass sie die Spielgeschichte lieber während des Spielens erfahren würden, anstatt sie in Form eines Films vorgesetzt zu bekommen. Auch die Grafik und der Sound sorgten durch die fremdartige fernöstliche Gestaltung zu Beginn für Irritationen. Doch als die Spieler Amaterasu erstmals durch die wunderschön gezeichnete Welt steuern und die ersten eigenen Pinselstriche anbringen durften, wich die Skepsis allmählich der Begeisterung. Vor allem die Möglichkeit, durch die Pinselschwünge direkt Einfluss auf die Spielwelt zu nehmen, begeisterte die Jugendlichen. „Das mit dem Pinsel ist ein bisschen wie die Bewegungen auf der auf der Wii Konsole“ (Toni, 13). Die Grafik empfenden die Tester auch nach mehreren Stunden Spielzeit als gewöhnungsbedürftig und konnten den künstlerischen Ansatz nicht wirklich nachvollziehen. „Ich finde es besser, wenn die Grafik nicht so verwaschen ist“ (Vitali, 14) Die Spielwelt wurde als stimmig empfunden und die Mischung aus Kämpfen und Rätseln führte bei einigen Jugendlichen zu einer lange anhaltenden Motivation. Wie jedoch schon beim Intro deutlich wurde, zeigten unsere Tester durchgehend wenig Interesse an der dargebotenen mythologischen Geschichte. Dies führte zu einem Spielerlebnis, das lediglich auf das Erledigen der anstehenden Aufgaben und dem Erreichen des nächsten Boss-Kampfes ausgerichtet war, ohne wirklich tief in die abwechslungsreiche Spielwelt einzutauchen.
Okami bietet sich an, Jugendlichen den Ansatz vom Computerspiel als Kunstwerk näher zu bringen und Computerspiele abseits der eintönigen Standarts zu behandeln. Leider wurde in unseren Testgruppen deutlich, dass es für Jugendliche schwierig ist, sich auf diese inhaltliche Tiefe einzulassen und dieser zu folgen. Eingebunden in den Kunstunterricht oder einen Unterrichtsblock über japanische Geschichte und Mythologie könnte „Okami“ jedoch eine spielerische Brücke zu diesen Inhalten darstellen.
Fazit:
Okami ist durch seine kampflastige Ausrichtung von der USK für Jugendliche ab 12 Jahren freigegeben worden. Diese können die dargebotene Spielwelt und die darin enthaltenen Kampfhandlungen ohne Probleme einordnen. Die Besonderheit an Okami sind die kulturellen Bezüge des Inhalts und die künstlerische Gestaltung, welche die Tester jedoch bisweilen überforderte. Ab einem Alter von 14 Jahren konnte eine stärkere Würdigung der innovativen Spielidee und -gestaltung beobachtet werden und die Jugendlichen waren bereit, sich auf den tiefgründigen Inhalt einzulassen.